Ist denn nicht irgendwann auch mal Schluss (mit dem Verbessern)?

Erst letzte Woche ist mir in einer Diskussion wieder die Frage begegnet „Wann ist denn mal gut genug?“. Meine emotionale Reaktion dazu war zunächst großes Unverständnis und Enttäuschung. Aber ich versuche zu verstehen, und ich will mit meiner Position verstanden werden. Eine erste Annäherung.

„Immer weiter streben“ gleich „Druck, Druck, Druck“?

Da werkeln wir an was auch immer so vor uns her, sind mit unserem Ergebnis sogar ganz zufrieden, haben uns angestrengt. Wir wissen vielleicht sogar, dass wir heute viel besser sind in unserem Tun als noch vor zwei Jahren. Und trotzdem findet sich in der Organisation jemand (Kollege würden reichen, „Chef“ verstärkt den Effekt), der in den Raum stellt, dass es besser ginge.

Hat er recht? Vermutlich schon, was geht nicht noch besser?

Ist es motivierend? Das hängt davon ab. Für mich ist es das meist gewesen, wenn auch nicht gerade mit den Worten meines Ex-Chefs „fast zufrieden, weiter so“. Für viele ist es demotivierend, denn sie hören ein „es war nicht genug“ oder ein schlimmeres „du genügst nicht“. Dabei steckt diese Implikation nicht drin in der Aussage, dass es besser geht. Es kann toll sein und trotzdem noch Ideen für besser geben.

Ich kann nachvollziehen, dass das ständige Streben nach weiterer Verbesserung für manche Druck bedeutet. Würde ich es deshalb nicht mehr wollen? Vermutlich nein.

„Nicht mehr streben“ gleich „Stillstand“?

Auf der anderen Seite stellt bei mir der Wunsch nach einem Ende des Strebens die Nackenhaare auf. Ich befürchte dann Stillstand, und ich mag die Vorstellung des Stillstehens nicht. Und mich reizt schon die intellektuelle Herausforderung darüber nachzudenken, wie es besser gehen könnte. Deshalb lösen Wünsche nach einem festen Ziel und einer festen Definition, wann es „gut“ ist, bei mir die Befürchtung aus, man wolle sich jetzt auf dem Erfolg ausruhen, sich nicht weiter verbessern, so für alle Zeiten weitermachen.

Habe ich recht? Kann man mit seinen Ängsten und Befürchtungen überhaupt recht oder unrecht haben?

Dass die anderen jetzt für alle Zeiten nichts mehr ändern wollen, ist nur eine Zuschreibung in meinen Gedanken. Das hat niemand ausgesprochen und vermutlich nicht einmal gemeint.

Und jetzt: anerkennen und nachhaltig weiter streben

Wollen wir also das Streben nach Verbesserung aufgeben? Ich nicht! Möchte ich einen Weg finden, wie es mit weniger Druck (für andere) geht? Ganz bestimmt. Darauf werde ich also in Zukunft noch mehr achten: Anerkennen, was bereits erreicht wurde. Sehen, mit welcher Anstrengung es verbunden war. Mich bedanken. Dann eine Pause.

Und dann erst gemeinsam herausfinden, was es zu lernen gibt und wie es weiter gehen kann, was sich zu verbessern lohnt und was wir als nächstes angehen wollen.

Von anderen wünsche ich mir, dass sie mir nicht unterstellen, dass ich ihre Arbeit nicht wertschätzen würde, nur weil ich noch Verbesserungsideen habe oder mich nach den nächsten Verbesserungen erkundige.

Ich bekenne: Ich bin ein agiler Streber

Bis auf die Überschrift dieses Abschnitts ist das Wort „agil“ noch nicht aufgetreten. Für mich ist die kontinuierliche Verbesserung der Kern von Agilität und passenderweise einer meiner persönlichen Treiber. Deswegen fällt mir der Gedanke und seine Anwendung leicht und motiviert mich. Ich kann gleichzeitig anerkennen, dass es für andere Druck bedeuten kann.

Es benötigt eine Balance zwischen Anerkennen/Ausruhen und Weiterstreben nach Verbesserung. Auf die will ich zukünftig für mich und andere mehr achten.

Frei, voller Kraft und Optionen

Ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit mit The Responsibility Process™. Ich hatte die Ehre, dass ich das Buch dazu von Christopher Avery ins Deutsche übersetzen durfte. Ich bin davon überzeugt, dass The Responsibility Process™ mich als Leader stark beeinflusst hat und meine Leadership-Fähigkeiten erhöht hat.

Ohne in diesem Beitrag auf mehr Details einzugehen (was ich aber verspreche an anderer Stelle zu tun) möchte ich auf das Online-Coaching-Programm zu The Responsibility Process™ hinweisen namens The Leadership Gift Program™. Ich bin seit anderthalb Jahren Mitglied des Programms und es hat mir geholfen, immer häufiger aus Stärke und Verantwortung zu handeln, weniger nur die Realität zu bewältigen, sondern frei, voller Kraft und Optionen meine Umgebung zu gestalten.

Das Programm besteht aus 1-2 Online-Calls von ca. 90 Minuten pro Woche. Optimalerweise beginnt man mit den 8 Core Modules, mit denen es z.B. ab dem 5. April 2019 wieder losgeht. Die Core Modules vermitteln The Responsibility Process™ und viele weitere Konzepte wie den Power or Control Cycle. Zu jedem Core Module gibt es einen Action Guide als PDF mit Erklärungen, Aufgaben und Visualisierungen. Nach einem Call mit einem Core Module folgt in der Woche darauf ein Call mit einer Q&A Session, man kann/darf aber auch direkt schon Fragen während des Moduls stellen.

Anwendung in der Praxis

Nach den ersten 2 Core Modules darf man an Application Mastery Sessions teilnehmen. Die sind besonders wirkungsvoll, denn es geht um die Frage, wie man das Gelernte in die Praxis umsetzt. Egal, ob beruflich oder privat, führt das zu spannenden kleinen Coaching-Sessions, bei denen man an eigenen Beispielen oder Beispielen der anderen Teilnehmer lernt und reflektiert.

Aktuell ist das Programm nur in Englisch verfügbar, es gibt allerdings einen monatlichen Call auf Deutsch mit mir (und ich arbeite daran, dass es irgendwann auch eine Deutsche Variante gibt). Falls es dich interessiert, schaue doch mal hier:
The Leadership Gift Program™

Geschäftsführer ade

Seit dem 1. März 2019 bin ich nach 14 Jahren nicht mehr Geschäftsführer der it-agile GmbH. Wenn ich davon in der Vergangenheit erzählt habe, waren die meisten Leute verwundert und haben gefragt: „Wo gehst du denn hin?“ oder „Was machst du dann jetzt?“

Übergabe der Geschäftsführung

Ich mache nichts anderes als heute auch, ich bleibe Mitarbeiter der it-agile GmbH und ich werde weiterhin das Unternehmen mitgestalten, so wie meine anderen Kollegen auch.

Dazu muss man vermutlich wissen, dass wir bei it-agile schon lange daran gearbeitet haben, dass so ein Wechsel möglich ist. Der letzte Schritt dazu war ein GF-Azubi-Programm, in dem wir zwei neue Geschäftsführer „ausgebildet“ haben für ihre Rolle. Die Rolle „GF“ hat bei uns neben einem Haufen formaler Aufgaben, die sich meist durch das Ableisten von Unterschriften erledigen lassen, vor allem die Aufgabe, die Selbstorganisation der Firma sicherzustellen. Allerdings nicht unbedingt durch aktives Steuern oder direktes Führen, sondern über die Installation geeigneter Austauschstrukturen (wo nötig). In den letzten Jahren war dafür selten häufiger als einmal im Jahr ein Eingriff nötig. So ließ sich der GF-Job in einem halben Tag pro Monat erledigen.

Aber was ist mit Strategie?

Gute Frage. Ist ja eh oft herausfordernd. Ob nun mit GF oder ohne. Bei it-agile halt ohne. Im Ernst: Wir wollen so gut wie möglich partizipativ strategische Entscheidungen treffen. Wir versprechen uns davon, dass es dann für alle einfacher wird, strategisch zu handeln. Führung braucht das auch, aber nicht zwingend von einem Geschäftsführer oder einer Geschäftsführerin.